Geschichte

Die 1000jährige Linde zu Pöhlde

Linden galten schon bei den Germanen als Symbol für Liebe, Frieden, Heimat und Gerechtigkeit. Als Ort der Gemeinschaft, dem Weissagungs- und Heilkraft zugesprochen wurde und sie sollten wohl auch helfen, die Wahrheit zu erfahren.

Ein Thing, also ein Gericht, wurde immer zweimal im Jahr und immer unter freiem Himmel abgehalten. Auch zum Schutz waren die Bäume oft mit gleich 7 an der Zahl in einem Kreis anzufinden. Und auch unsere Linde stand einst nicht allein. Bis in die ca. 1980er Jahre stand neben der 1000jährigen Linde eine weitere, zirka 400 Jahre alte Linde. Diese musste damals leider gefällt werden.

Ein fester Gerichtstag war der Michaelistag, der 29. September. Ein hoher Feiertag, der heute fast vergessen ist. In Pöhlde fanden bekannte Synoden, also gesetzgebende Versammlungen, unter anderem am 22. Juni 1001 und am 29. September 1028 zu dem sogenannten Gandersheimer Streit statt. Dieser Streit zwischen dem Erzbistum Mainz und dem Bistum Hildesheim dauerte fast 50 Jahre an. Am Michaelistag im Jahr 1048 soll Graf Thietmar, ein Bruder des Sachsenherzogs Bernhard II., in einem Zweikampf ein Gottesurteil erfahren haben, da er des versuchten Königsmordes an Heinrich dem III. beschuldigt wurde.

Der gerichtete Königsmörder wurde dann im Klosterkirchhof hier in Pöhlde beigesetzt.

1952 wurde die Gerichtslinde das Wahrzeichen von Pöhlde und das Motiv des Ortswappens.

Selbst Maschendrahtzaun im Inneren des Stammes konnte die Pöhlder Kinder nicht davon abhalten in der Linde zu spielen.

Es muss in den 1970er oder 1980er Jahren gewesen sein, als ein Baumchirurg zurate gezogen wurde. Da schrieb die örtliche Tageszeitung, dass der Chirurg zwar an der Gerichtslinde herumgesägt hätte, dies aber nichts genützt habe und nun, am 1. April gefällt werden müsse. Jeder Pöhlder könne gerne vorbeikommen und sich eine Scheibe der 1000-jährigen Linde abholen. Wie mag wohl der Mob in der Lindenstraße gewütet haben um unser Wahrzeichen zu verteidigen…  

Zum Glück stellte sich der Artikel als ganz übler Aprilscherz heraus. Und so steht sie noch heute, stark zerklüftet, mit schweren Schäden am Stamm, aber vollkommen vital und mit ca. 9 m Stammumfang. Sie wird heute im Baumregister der alten Bäume unter Nr. 1500 geführt und als Naturdenkmal natürlich besonders gehegt und gepflegt.

Bestimmt sind noch ein paar tolle Fotos von der Linde im Dorf versteckt. Es wäre so schön, wenn wir sie wiederfinden würden und vielleicht sogar hier zur Erinnerung an ihre Schönheit in all der Zeit veröffentlichen dürften.

Ihr seid also herzlich dazu eingeladen, hier tatkräftig zu unterstützen.

Wer weiß noch von Fotos, Zeitungsausschnitten oder anderem Material über unser Wahrzeichen? Wir würden gern mehr erfahren und uns über Informationen und Bildmaterial sehr freuen.

Links zur Pöhlder Linde

One Comment

  • Lars Schulz

    Vielen Dank auch für das Kommentar von Herrn Karlo Vegelahn vom 6. JULI 2023 AT 20:30

    Hierzu eine Ergänzung aus der Beilage des Osteroder Kreis=Anzeiger, „Unter dem Harze“ Nr.193, vom 24.04.1954
    Aus der Geschichte von Pöhlde
    Die 1000jährige Gerichtslinde in Pöhlde / Von Otto Zander, Pöhlde
    Mit den Schicksalen des Klosters wurde auch eine alte, um¬fangreiche, schattenspendende Gerichtslinde eng verknüpft, die am östlichen Eingang des Ortes auf einem freien Platz, dem „Gerichtsplatz” steht. Das Alter dieses Baumriesen wird auf über 1000 Jahre geschätzt. Zur 1000-Jahrfeier hat diese Linde eine Gedenktafel erhalten, in der kurz auf das „Gottes¬urteil, welches im Jahre 1048 unter dieser Linde stattfand, hingewiesen wird. Der leider allzufrüh verstorbene Heimat¬forscher August Tecklenburg – Göttingen hat der Geschichte diesen Michaelistag erhalten und schildert ihn wie folgt:

    Michaelistag des Jahres 1048. Heute ist außerordentlicher Gerichtstag, „Gebotenes Ding”, und eine Klage auf Königsmord steht zur Verhandlung. Vor Wochen schon kam Kunde davon und lief von Ort zu Ort, von Mund zu Mund. Und nun sind sie herbeigekommen in großen Scharen: Mönche und Klosterschüler von Pöhlde, hörige Bauersleute vom Vorwerk und Herrenhof, freie Männer vom Harzrand und Rhumesprung, Weiber und Kinder. Auf der Steinbank unter der Linde aber sitzt ernsten Angesichts der Graf des Lisgaus. Strick und bloßes Schwert liegen vor ihm auf dem Steintisch zum Zeichen, daß Tod und Leben in seine Hand gegeben. Vom Fuß zur Schulter ragt der geschälte Stab, das Zeichen der Gerichtsgewalt, die der Graf an Kaisers Stelle übt. Rechts und links vom Grafen nimmt der „Umstand” seinen Platz, das sind die Schöffen, die das Urteil „schaffen” helfen. Beklemmende Stille jetzt! Man hätte wohl das Laub der Linde fallen hören. Starr wie aus Stein die Menge des Volkes, die Schöffen, der Graf.

    Mit vernehmlicher Stimme fragt der Graf die Schöffen: „Ist es Zeit, zu halten ein offenes Gericht?” Und als die Schöffen die Frage bejahen, wendet sich jener zur Seite und spricht: „Arnold, Dienstmann des Grafen Billung getretet vor und erhebt Eure Klage. Ihr aber, Graf Thietmar, tretet dem Kläger gegenüber, hört, wessen er Euch beschuldigt und rei¬nigt Euch, so Ihr es vermöget, von der Anklage!” Zwei hoch- gewachsene Gestalten lösen sich vom Rande des Ringes, treten inmitten des Umstandes vor den Steintisch und messen einander mit scharfem Blick.

    Und Arnold, der Dienstmann, bringt seine Klage: „Ich be¬schuldige Euch, Graf Thietmar, daß Ihr unsern königlichen Herrn, den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, Heinrich III., freventlich nach dem Leben getrachtet, beschuldige Euch, daß Ihr Eure Dienstmannen angestiftet, den Königsmord zu vollbringen. Als im Sommer dieses Jahres unser kaiserlicher Herr zu Gaste war in Bremen bei Herrn Adalbert, dem Erzbischof, geschah es, daß er von Lesum nach Marsel ritt, mit ihm Herr Adalbert und wenige Mannen. Und als sie ein einsam Gehölz durchreiten, wird’s plötzlich zur Seite lebendig; verkappte Reitersleute sprengen daher, stürzen sich mit blankem Schwert auf den arglos reitenden Kaiser: und hätte nicht Herr Adalbert frühzeitig die Gefahr erspäht und mit seinen Leuten im Namen Gottes die Hand schützend über des Kaisers Majestät gebreitet, — wahrlich, ein Königsmord lastete heute auf dem Sachsenlande und auf Euch, Graf Thietmar. Denn Eure Leute waren es, die zu Königsmord ausritten, und Ihr wäret es, der sie dazu verleitete, und damit ich meine Worte erhärte mit bestimmter Tatsache, so erkläre ich laut und öffentlich vor Richtern und allem Volk: auch mich wollet Ihr für den Mordanschlag dingen; ich aber weigerte mich solcher Tat, wandte mich ab von Euch und stehe nun hier als Kläger gegen Euch und Eure Leute, als Kläger auf Königsmord”.
    Eine Bewegung geht durch die Menge. Dann wieder Totenstille und gespannte Erwartung. Regungslos steht der Beklage noch immer mit starrem Blick. Nicht mit der Wimper hat er gezuckt bei der schweren Anklage. Jetzt aber wirft er den Kopf zurück, greift mit der Rechten an den Knopf seines Schwertes, mißt seinen Gegner mit einem Blick glühenden Hasses und spricht laut und vernehmlich: „Rechtfertigen? Nun ja! Aber nicht mit leerem Wort. Mein Schwert und Gott! —- sie sollen sprechen für oder wider mich. Arnold, Vasall der Billungsn, ich fordere dich zum Zweikampf hier auf umhegter Malstatt vor aller Angesicht, vor steigender Sonne und fallendem Laub, vor Richter und Schöffen! Und Gott selbst möge entscheiden, ob ich des Königsmordes zu Recht beschuldigt bin oder nicht!”

    Der Graf fragt den „Umstand”, ob er den Zweikampf gestatte. Die Schöffen geben ihre Zustimmung.
    Jetzt kreuzen sich die Klingen! Waffenklang und Schwert¬geklirr. Funken stieben vom Stahl. Einander gewachsen sind die Gegner. Entscheidungslos dehnt sich der Kampf.

    Da schreit’s aus dem Ringe: „Blut! Blut! Graf Thietmar ist getroffen!” In breitem Streifen rinnt das Blut die Wange herab. Eine klaffende Kopfwunde raubt dem Grafen fast die Besinnung; sein Widerstand erlahmt; er sinkt Boden.

    Die angstvolle, minutenlange Spannung ist gelöst. „Gott hat gerichtet; Königsmord beschweret doch sein Gewissen,” heißt es in der Menge. „Gott hat gerichtet; schuldig ist Graf Thiet¬mar des Königsmordes”, spricht ernst und feierlich auch der Gaugraf und läßt seinen Richterstab sinken. Den Spruch des Grafen begleitete die Menge mit beifälligem Murmeln. — Das „Gebotene Ding” ist geschlossen. —

    https://www.archiv-vegelahn.de/index.php/osterode-am-harz/item/15326-das-tausendjaehrige-poehlde

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